Schwierige Gespräche führen


31.07.16 - Zeigen Mitarbeitende veränderte Leistungen und auffälliges Verhalten? Vermuten Sie ein Substanzproblem dahinter? Frühzeitige Gespräche am Arbeitsplatz erweisen sich als wirksam.



Durchschnittlich 5 Prozent der Mitarbeitenden aller Hierarchiestufen eines Betriebes sind in Bezug auf  ihren Alkoholkonsum behandlungsbedürftig und weitere 10 Prozent durch risikoreichen Konsum gefährdet. Alkohol- und andere Substanzprobleme beeinflussen den Arbeitsalltag, erhöhen die Betriebskosten und senken die Arbeitssicherheit.

Andrea Müller, ehemalige Metallbauzeichnerin und heutige Präventionsfachfrau der Zürcher Fachstelle für Alkoholprobleme, haben wir für ein Interview getroffen.

Treten oft typische Verhaltensmuster bei betroffenen Personen auf?
Ja, je grösser der problematische Alkoholkonsum in der Freizeit oder bei der Arbeit ist, desto mehr zeigt sich dieser als besorgniserregende Veränderung im Berufs und Familienalltag. Wichtig ist, sich bewusst zu sein, dass hinter Auffälligkeiten auch andere Themen stecken können, wie psychische Krisen etwa resultierend aus einer Scheidung. Es können sich Absenzen häufen, Personen gereizter sein als sonst… Der Grund für die beobachteten Veränderungen sollte durch ein Gespräch geklärt werden. Bei Alkoholproblemen werden die meisten Personen Ausreden und Gründe für die Veränderungen finden. Dieses Verhalten gilt es, als Teil des Problems zu betrachten. Man darf sich nicht auf Machtspiele einlassen, sondern muss bei seinen Beobachtungen bleiben.

Was sind die Auswirkungen auf die Arbeit bei einer Suchterkrankung?
Problematischer Alkoholkonsum zeigt sich auf vielfältige Weise im Betrieb. Vorgesetze machen sich berechtigterweise Gedanken und Sorgen. Wenn jemand in der Freizeit konsumiert, sind Sie als Führungsperson nicht verantwortlich, doch sobald sich der Konsum auf die Arbeit auswirkt, muss gehandelt werden. Das Gesetz verpflichtet Sie, möglichst alle betrieblichen Massnahmen oder Interventionen in die Wege zu leiten, um die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten langfristig zu gewährleisten. Übrigens auch bei einem «Apéro» in der Werkstatt, wenn jemand «hindere leert» muss gewährleistet sein, dass diese Person sicher nach Hause kommt. Falls sich ein Unfall ereignen würde, könnte es Schwierigkeiten mit der Versicherung geben.

Wie soll man als Führungsperson vorgehen, wenn man eine Vermutung hat?
Führungspersonen sollen bei Leistungs und Verhaltensveränderungen, körperlichen und emotionalen Auffälligkeiten sowie bei eindeutigen Hinweisen an die angestellte Person gelangen und das Gespräch suchen. Die beobachteten Veränderungen sollen möglichst früh angesprochen werden. So kann der Beschäftigte meist noch aus eigener Kraft Veränderungen bewirken. In den Gesprächen sind Ihre Sorge, Ihre Erwartung sowie Ihre Wertschätzung und Ihre Hoffnung auf eine mögliche Veränderungzentral. Wir empfehlen eine systematische und gestufte Gesprächsfolge.

Wo können sich dazu Führungskräfte Unterstützung holen?
«Werkzeuge» wie Gesprächstipps und die gestufte Gesprächsfolge erhalten Führungspersonen bei uns an einer Weiterbildung oder bei einem kostenlosen Coaching. Wir empfehlen eine Weiterbildung, da diese betriebliche Präventionsmassnahmen für Gesundheit und Sicherheit aufzeigt.
Hier einige Angebote aus unserer breiten Weiterbildungspalette:

Die Behandlung und Begleitung von Menschen mit risikoreichem Alkohol- und Medikamentenkonsum ist ausserdem Kerngeschäft unseres Beratungsteams. Falls Sie sich Sorgen um sich selbst oder um eine angehörige Person machen, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren.

Was hat Sie dazu bewogen, von der Metallbauzeichnerin zur Sozialarbeit und Suchtprävention zu wechseln?
Der Mensch als Gegenüber hat mir gefehlt. Stattdessen hatte ich immer diese «Kiste mit dem CAD Programm und den Kalkulationsprogrammen» vor mir. In der Berufslehre hat mir das Arbeiten in der Werkstatt und auf dem Bau gefallen. Ich musste noch Bierflaschen und Riesensandwiches zum Znüni für die Metallbaumonteure beschaffen. Das Arbeiten in der «Männerwelt» hat mir einerseits gefallen, denn sie haben gut für mich gesorgt, andererseits war es schwierig, eine Teilzeitarbeit in Betracht zu ziehen. Auch der zeitliche Druck auf die Belegschaft hat mir Zukunftssorgen bereitet. Ein Praktikum in der Jugendarbeit hat mir gezeigt, dass mir das Arbeiten im sozialen Bereich sehr viel Spass macht und mir eine grosse Auswahl an Teilzeitarbeitsmöglichkeiten bietet. So musste ich einen langen Umschulungsweg in Kauf nehmen, um Sozialarbeiterin zu wer den. Zuerst war ich
lange Jahre in der Schulsozialarbeit tätig, da ich gerne mit Kindern arbeite und ich gleichzeitig die vielen Schulferien mit meiner Tochter verbringen konnte. Als meine Tochter mit der Berufslehre begonnen hat, wollte ich mit Erwachsenen arbeiten. Die Aufgabe der Prävention hat mir während der Schulsozialarbeitsjahre sehr gefallen, weshalb ich weniger beraten und mehr schulen wollte. Die Erfahrungen in den Metallbaubranchen vom Büro bis auf den Bau hat mir in der Beratung sowie als Präventionsfachfrau viel Verständnis für die Lebenswelt vieler Familien gebracht.
So, nun hoffe ich auf zahlreiche Coachings und Anmeldungen für die bevorstehenden Weiterbildungen. Es würde mich freuen, vielfältige Einblicke in die aktuelle Arbeitswelt der Metallbauer, Hufschmiede und Landtechniker zu erhalten.






































 

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